Fahrvorstellung Cupra Born:
So soll der Born der Verführer unter den Akku-Autos werden
Seat bringt mit dem Cupra Born sein erstes dezidiertes Elektroauto an den Start. Der Cupra Born soll ein hoch emotionales Elektroauto sein.
"Auto Emocion" – jahrelang hat uns Seat den spanischen Verführer in der nüchternen VW-Welt gegeben. Zwar haben Leon & Co nichts von ihrem Reiz verloren, doch stiehlt ihnen spätestens seit dem Debüt des Formentor die ebenso junge wie dynamische Schwestermarke Cupra die Schau. Und jetzt fährt der junge Ableger noch weiter davon. Denn wenn in diesen Tagen zu Preisen ab zunächst 37.220 Euro als erstes dezidiertes Elektroauto aus Barcelona der Born in den Handel kommt, beweisen die Spanier, dass auch Stromer eine Seele haben und der Modulare Elektro-Baukasten (MEB) des Großkonzerns nicht nur praktische und nüchterne, sondern auch emotionale Autos hergibt.
Für einen Hauch von Herzflimmern an der Ladesäule sorgt die Seat-Tochter dabei vor allem mit dem Design. Denn kein anderes MEB-Auto ist bislang so kurz und knackig und vor allem so flach gezeichnet wie der Born, der obendrein auf provozierend breiten Rädern von bis zu 20 Zoll steht. Für den Rollwiderstand und damit für die Reichweite ist das zwar Gift, aber es sieht gut aus - und es fährt sich zudem auch noch ein bisschen besser fahren, als auf den Teerschneidern der nüchternen Verwandtschaft.
Den Preis für die Schönheit zahlen die Insassen. Denn auch wenn der Radstand mit 2,77 Metern identisch ist wie beim ID3 und auch die Länge mit 4,32 Metern auf dem Niveau des Wolfsburger Master-Modells liegt, duckt er sich deutlich tiefer, so dass es in beiden Reihen naturgemäß etwas enger zugeht. Und die dunkle Innenausstattung sowie die tief ausgeschnittenen Sitze und die wuchtige Mittelkonsole machen die Sache nicht eben besser. Der Fahrer fühlt sich so zwar eins mit dem Auto und genießt die Enge als sportlich. Außerdem sitzt er endlich nicht mehr nur als Zaungast hinter dem Lenkrad, sondern wähnt sich wieder mittendrin im Geschehen. Doch schon der Beifahrer stöhnt über die mächtige Mauer zur linken und die Hinterbänkler schubbern mit dem Haupthaar am Himmel. Aber man kann eben nicht alles haben.
Der Reiz liegt im Detail
Einen weiteren Unterschied zur MEB-Familie entdeckt man im Cockpit. Nein, leider nicht bei den digitalen Anzeigen, dem wie ein Appendix aus dem Display wachsenden Wählhebel für die Eingang-Automatik oder dem großen Touchscreen mit Grafiken so bunt wie aus einem Malbuch der Vorschule und den ebenso leidigen wie lichtlosen Leisten für die Touchbedienung darunter. Sondern die Tücke oder besser der Reiz steigt hier im Detail – und gilt zwei kleinen Schaltern im Lenkrad:
Denn unter der Querspange des Volants gibt es zwei Taster, die so nur Cupra bietet. Der eine ist eher banal und regelt das Fahrprofil, der andere dagegen ist charakterbildend wie das Mannetino eines Ferrari. Wer das drückt, der kann zumindest in Top-Modell kurzfristig gute zehn Prozent mehr Leistung abrufen und wie ein Pilot aus der Formel E mit einem zusätzlichen E-Boost am Vordermann vorbeiziehen.
Zwar schafft der Born den Sprint von 0 auf 100 km/h in 6,6 statt 7,3 Sekunden und kommt entsprechend schneller aus dem Quark. Doch weil es keinen Auspuff gibt, in dem sich Klappen öffnen könnten, kein Sprit, der im falschen Moment knallend und brabbelnd gezündet wird, und kein Doppelkupplungsgetriebe , das die die Drehzahl springen lässt, ist das ein ziemlich synthetischer Spaß – wenn man ihn denn überhaupt mitbekommt.
Basismodell für knapp über 30.000 Euro
Ohnehin lässt die Verführungskraft des Spaniers gewaltig nach, sobald es ans Fahren geht. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Die lineare Beschleunigung passt gut zum sportlichen Anspruch, das Fahrwerk wirkt ein wenig bestimmter als bei der Verwandtschaft aus dem Norden und den Flamenco in den Kurven tanzt der Born etwas enger. Doch so ganz ohne Sound, ohne Feuer und Schweiß wirkt auch der ausdrucksstärkste Tanz nur wie eine Showeinlage - distanziert und unterkühlt, steril und keimfrei. Zumal der Cupra nicht einmal das sportlichste Modell aus der EB-Familie ist. Denn während es den MEB bei Audi, Skoda und VW auch mit Allrad und deshalb mit über 300 PS gibt, beschränkt sich Cupra auf einen Heckmotor mit 150, 204 oder eben kurzfristig 231 PS. Immerhin darf der dann bis 180 km/h rennen, während der Konzern seinen Stromern sonst je meist bei 160 Sachen den Stecker zieht.
Die Energie für diesen Tanz liefert im Basismodell für später mal knapp über 30.000 Euro ein Akku von 45 kWh, der eine Reichweite von 340 WLTP-Kilometern ermöglicht. Darüber rangiert in der Startaufstellung ein Akku mit 58 kWh für 420 Kilometer und an der Spitze steht das 77 kWh starke Paket, das für 540 Kilometer reichen soll. Geladen wird dabei je nach Akku-Größe standardmäßig mit 50, 100 oder 125 kW, so dass der Born im besten Fall in sieben Minuten den Strom für 100 km zieht und den Akku in 35 Minuten von fünf auf 80 Prozent bringt.
Sauber will der Born allerdings nicht nur in Betrieb sein, sondern schon in der Produktion. Und dabei denken die Spanier über den Energiebedarf und die CO2-neutrale Fabrik hinaus auch an den Müll. Nicht nur, dass sie möglichst wenig neuen davon machen wollen. Sondern vor allem wollen sie alten recyceln. Die Sitze zum Beispiel sind deshalb mit Stoffen aus Plastikabfällen bezogen, die Cupra am Strand vor Barcelona sammeln lässt.
Quelle: automobilwoche.de